Seerosenzüchter

 

 

Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wurden Seerosen kaum in Gärten gehalten. Hin und wieder wurden sie in den Teichanlagen großer Parks verwendet, aber im Allgemeinen waren sie nur in der Natur zu finden. Neben der Abneigung gegen Wasser im Garten (es galt zu Unrecht als Brutstätte von Mücken und Krankheiten) lag das an den damals verfügbaren Seerosen. Außer den europäischen und einigen nordamerikanischen Wildformen war nichts erhältlich. Alle diese Wildformen blühen aber mehr oder weniger weiß, wuchern ein Becken schnell mit vielen Blättern zu, und produzieren dabei nur wenig Blüten - und das auch nur für wenige Wochen im Jahr. Insgesamt also wenig Anreiz sich so etwas in den eigenen Garten zu holen. Das änderte sich erst, als dieser Mann auftauchte:

 

 

Joseph Bory Latour-Marliac

 

Er war der erste, der damit begann Seerosen zu kreuzen und so neue Sorten zu entwickeln. Latour-Marlic wurde 1830 geboren, als Sohn ein reichen Familie in Südwestfrankreich, deren Mitglieder sich alle für Botanik interessierten. Auf dem Gut der Familie hatten sie eine große Sammlung fremdländischer Pflanzen zusammengetragen. In einem Artikel einer Gartenzeitschrift las der junge Latour-Marliac über die vielfarbigen tropischen Seerosen, und von diesem Moment an suchte er nach einem Weg, diese Farben in die winterharten Arten einzukreuzen. Damit betrat er absolutes Neuland. Als ob das nicht schwierig genug wäre, standen ihm auch nur wenige Arten als Ausgangsmaterial zur Verfügung: die weißen europäischen und amerikanischen Arten, ein rötliche Variante der europäischen Nymphaea alba aus Schweden, eine rosa Variante der Nymphaea odorata aus West Virginia (sie wurde unter seltsamen Umständen entdeckt: in einem Feld kamen jedes Jahr beim Pflügen Seerosenrhizome zum Vorschein. Als man sie in ein Becken pflanzte, entwickelten sich zum allgemeinen Erstaunen tief rosafarbene Seerosen. Offensichtlich war das Feld ein trockengelegter See), und die nicht ganz winterharte gelbe Nymphaea mexicana. Latour-Marliac kreuzte erfolgreich und konnte 1875 die erste Seerosengärtnerei der Welt in Le Temple-sur-Lot eröffnen. Die allererste Hybride, die er auf den Markt brachte, war ‘Marliacea Chromatella’ - die erste zuverlässig winterharte gelbe Seerose. Sie ist heute immer noch eine der besten in dieser Farbe! 

Bis zum Tod von Latour-Marliac 1911 folgten Jahr für Jahr neue Sorten in immer neuen

 Farbvarianten. Mit seinen neuen Sorten löste Latour-Marliac eine neue Mode im Gartenbau aus. Überall entstanden nun Teiche und Becken um seine Seerosen halten zu können. Sein berühmtester Kunde war der impressionistische Maler Claude Monet, dessen Garten in Giverny komplett mit Seerosenteichen umgestaltet wurde. Die letzten Jahre seines Lebens malte Monet fast nur noch Seerosen.

Die meisten Seerosensorten, die heute in Deutschland erhältlich sind, sind immer noch Sorten von Latour-Marliac. Es sind gut blühende, robuste Sorten, die in über hundert Jahren ihre Zuverlässigkeit unter Beweis gestellt haben. Manche von ihnen sind bis heute unübertroffen.

Marliac's Geheimnis

Wie Latour-Marliac bei seinen Kreuzungen vorging hat er geheim gehalten. Seine Hybriden sind fast alle steril und setzen so gut wie nie Samen an, und auch ihr Blütenstaub ist oft steril. Ein anderer Züchter, Amos Perry, gab vollkommen entnervt die Seerosenzucht auf, nachdem in einem Jahr bei 159 von ihm durchgeführten Kreuzungen nur eine einzige Blüte Samen ansetzte. Latour-Marliac hat sein Geheimnis gut gehütet, denn erst heute ist klar wie er es  gemacht hat. Seine ersten Kreuzungen brachten sowohl fruchtbare als auch eine Anzahl sterile Hybriden hervor. Mit den fruchtbaren Hybriden züchtete er weiter, aber er achtete streng darauf, dass sie nicht auf den Markt gebracht wurden. Vermarktet wurde nur, was schön und steril war. Die Seerosen, die er zur Zucht verwendete, hat wohl nie ein Außenstehender zu Gesicht bekommen, und so war anderen Gärtnereien die Möglichkeit genommen Latour-Marliac Konkurrenz zu machen.

Nach dem Tod von Latour-Marliac brachte die Gärtnerei in Le Temple-sur-Lot nur noch selten neue Sorten auf den Markt. Stattdessen begann sie alte Sorten umzutaufen und unter neuem Namen zu vermarkten. Das Ergebnis ist ein ziemliches Durcheinander bei den Seerosengärtnereien. Ein und dieselbe Sorte wird zuweilen unter mehreren verschiedenen Namen angeboten. 1991 wurde die Gärtnerei an Stapeley Water Gardens in England verkauft.

 

 


Züchter mit wenigen Glückstreffern


Auch nach dem Tod von Latour-Marliac wurden neue Seerosenhybriden gezüchtet, aber kein Züchter war in der Lage auch nur annähernd so viele neue Sorten zu entwickeln. Das zur Züchtung zur Verfügung stehende Ausgangsmaterial war dafür einfach zu gering. Die Züchter ignorierten die Wildformen weitgehend und versuchten stattdessen vergeblich mit den sterilen Marliac-Sorten zu züchten. Wo neben diesen auch die Wildformen in den Teichen gehalten wurden, tauchten aber hin und wieder spontane Sämlinge in den Teichen auf. Noch viel seltener war einer dieser Sämlinge dann gut genug um ihm einen Namen zu geben und die Sorte weiter zu vermehren. Manche Züchter betrieben ausgedehnte Züchtungsprogramme, der Erfolg musste aber ausbleiben. Keiner dieser Züchter konnte mehr als zwei oder drei neue Sorten dauerhaft auf dem Markt etablieren. Manche hatten sogar nach vielen Jahren intensiver Zucht nur eine einzige neue Sorte geschaffen. Es sind gute Sorten, sonst wären sie heute nicht mehr erhältlich, aber von der Menge her absolut nicht mit der Leistung von Latour-Marliac zu vergleichen. Einige dieser Züchter sind:

Otto Froebel: er machte aus der Gärtnerei seines Vaters Theodor Froebel in Zürich die größte und bedeutendste Gärtnerei der Schweiz und des süddeutschen Raums. Zu ihren besten Zeiten führte diese Gärtnerei ein Sortiment von über 5000 Pflanzen, eine Vielfalt, die es heute in keiner Gärtnerei mehr gibt. Mit dem ersten Weltkrieg kam der freie Handel in Europa zum Erliegen, und in der Folge musste die Gärtnerei schließen, da sie keinen Zugang mehr zum Großteil ihrer Kunden hatte. Von Froebel gibt es noch die Seerosensorte ‚Froebeli’. Sie ist ein Sämling der roten schwedischen Seerose Nymphaea alba var. rubra.

Wendelin Buggele:  er war Ende des 19. Jahrhunderts Stadtgärtner in Linz und selektierte dort in der Gärtnerei am Pöstlingberg aus Wildformen von Nymphaea tuberosa die Sorte ‚Pöstlingberg’.  

George Richardson: er war Gärtner in Ohio und schuf dort am Ende des 19. Jahrhunderts die beiden weißen Sorten ‚Gladstoniana’ und ‚Richardsoni’

Walter B. Shaw und Helen Fowler: Sie sind Vater und Tochter und betrieben in Washington DC von 1912 bis 1938 eine Seerosengärtnerei, die vornehmlich Schnittblumen verkaufte. Da sie so gut wie alle damals verfügbaren Seerosensorten in ihren Teichen kultivierten, tauchten dort auch einige spontane Sämlinge auf. Walter B. Shaw benannte die Sorte ‚Helen Fowler’ nach seiner Tochter, die nach seinem frühen Tod die Gärtnerei weiterführte und die beiden Sorten ‚Pink Opal’ und ‚Rose Arey’ benannte. Ihre dritte Züchtung ‚Souffragette’ ging leider verloren. Auf Betreiben des amerikanischen Präsidenten Wilson ging die Gärtnerei nach ihrer Schließung in den Besitz des Staates über und wurde unter dem Namen ‚Kenilworth Aquatic Gardens’ ein Teil der National Parks. 

 

   

Perry D. Slocum


Wenn Latour-Marliac der berühmteste Seerosenzüchter des 19. Jahrhunderts war, dann gebührt dieser Titel für das 20. Jahrhundert ohne Zweifel Perry D. Slocum. Er hatte bereits eine erfolgreiche Karriere als Gartenbauwissenschaftler und Inhaber einer Seerosengärtnerei in Florida hinter sich, als er in der frühen 80er Jahren die Gärtnerei an seinen Sohn übergab und sich in North Carolina zur Ruhe setzte. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits einige  Seerosenneuzüchtungen von ihm auf dem Markt, aber das war nur ein bescheidener Vorgeschmack auf das, was jetzt folgen sollte. Mit dem Ruhestand wurde es nichts. Slocum begann erneut Seerosen zu züchten, Jahr für Jahr präsentierte er neue erstaunliche Sorten, und aus seinem Ruhesitz wurde eine florierende Seerosengärtnerei, die er in den 90iger Jahren an seinen Stiefsohn übergeben hat. Bei Slocum ist es bereits die Menge seiner Neuzüchtungen, die einen staunen lässt – und die meisten davon tragen auch seinen Namen in der Sortenbezeichnung: ‚Perry’s XYZ’, nach diesem Schema sind fast alle seine Hybriden benannt. Man erkennt seine Züchtungen also schon am Namen. 

Seerosensorten von Slocum zeichnen sich durch eine enorme Blühfreudigkeit aus, darin übertreffen sie viele der Sorten von Latour-Marliac (bei Seerosen ist die Blühfreudigkeit genetisch bedingt und unabhängig von der Nährstoffversorgung. Nach einer bestimmten Anzahl von Blättern produziert die Pflanze jeweils eine Blüte. Eine Blüte nach fünf oder sechs Blättern ist schon sehr gut). Ihre Farben sind oft intensiver als wir es in Europa gewöhnt sind, und es sind einige neue Farbtöne in den Bereich ‘Aprikot’ und ‘Pfirsich’ dazugekommen. Slocum behauptete, dass er wiederholt tropische Seerosen in seinen Sorten eingekreuzt habe. Diese Behauptung war umstritten, da sich nach der damaligen Lehrmeinung  tropische und winterharte Seerosen nicht miteinander kreuzen lassen. Inzwischen wissen wir, dass diese Meinung falsch ist, denn solche Kreuzungen wurden inzwischen unter kontrollierten Bedingungen durchgeführt und durch Genanalyse bestätigt. Fakt ist, dass manche von Slcoums Seerosen ihre Blüte weit über das Wasser hinaus heben, so wie es die tropischen Seerosen tun. Zuverlässig winterhart sind sie aber alle. Was auch ihm nicht geglückt ist, ist die Einführung der Blautöne in die winterharten Seerosen. Ein anderes Ziel seiner Züchtungen, die schwarze Seerose, hat er zumindest teilweise erreicht. Er schuf die bisher dunkelrotesten Sorten (‚Black Princess’ und ‚Almost Black’) die auf dem Markt erhältlich sind.

Neben den Seerosen hat sich Perry D. Slocum auch intensiv mit den Lotosblumen beschäftigt und viele neue Züchtungen auf den Markt gebracht, darunter auch Zwergformen, die bei uns erfolgreich kultiviert werden können.

Perry D. Slocum hat 2001 im Alter von 91 Jahren zum dritten Mal geheiratet. Seinen Ehefrauen hat er ein Denkmal gesetzt mit drei wunderschönen Lotoszüchtungen die jeweils nach einer von ihnen benannt ist: ‚Mrs. Perry D. Slocum’, ‚Maggie Belle Slocum’ und ‚Louise Slocum’. Im Jahr 2005 ist Perry D. Slocum kurz nach Vollendung seines Seerosenbuchs verstorben. 


 

Kirk Strawn 

Das Leben ist selten fair. Meiner Meinung nach ist Kirk Strawn der bedeutendere Seerosenzüchter als Perry D. Slocum, aber dennoch stand er immer in dessen Schatten und am Ende wurde sein Lebenswerk sogar vernichtet. Strawn kam zufällig


 zur Seerosenzucht, denn eigentlich war er Biologe und lehrte an verschiedenen Universitäten der USA. Sein Schwerpunkt war dabei die Fischzucht. Aber in den 1970igern bepflanzte seine Frau Charlene zwei halbierte Whiskeyfässer im Vorgarten mit Seerosen und schuf damit den Ausgangspunkt für die zweite Karriere ihres Mannes. Damit der Funke aber zünden konnte bedurfte es noch eines Umzugs nach Texas in ein Haus mit wirklich großem Garten. Dort passierte was immer passiert sobald sich ein Mann mit dem Hobby seiner Frau befasst: es wird perfektioniert. Statt des gewünschten einen Teichs wurden gleich mehrere Teiche angelegt und Kirk Strawn beschloss, dass er jede auf dem Markt erhältliche Seerosensorte in seinen Teichen haben wollte. 

Beim Aufbau dieser Sammlung bemerkte er schnell, dass viele falsch benannte Pflanzen auf dem Markt waren. Er importierte Seerosen aus der ganzen Welt, aber überall gab es das gleiche Bild: vieles was geliefert wurde, entsprach nicht den Beschreibungen aus der Literatur. Aus dieser Erfahrung heraus achtete Strawn später in seiner Gärtnerei sehr darauf nur korrekt benannte Seerosen zu verkaufen. Letztlich geht die ‚Truly Named’ Initiative zur Sortenechtheit im Seerosenhandel auch auf diese Bemühungen zurück. 

Was Kirk Strawn auch schnell bemerkte, war die Tatsache dass fast nur Sorten von Latour-Marliac erhältlich waren. Zu dieser Zeit war noch unbekannt wie Latour-Marliac bei seinen Züchtungen vorgegangen war und alle Seerosenfreunde versuchten vergeblich mit seinen sterilen Sorten neue Sorten zu züchten. Auch Strawn ging zunächst diesen Weg, merkte dann aber schnell dass es eine Sackgasse war. Stattdessen begann er die Wildformen erneut zu kreuzen und hatte damit Erfolg. Seine erste eigene Sorte war – wie bei Latour-Marliac – eine gelbe Seerose und er benannte sie nach seiner Frau ‚Charlene Strawn’. Damit war das Tor zu neuen Züchtungen weit offen und Kirk Strawn begann im Ernst zu züchten. Im Gegensatz zu Latour-Marliac verzichtete er auf jede Geheimniskrämerei und brachte nicht nur fruchtbare Seerosensorten auf den Markt, sondern er veröffentlichte auch die Kreuzungen, die zu diesen neuen Sorten geführt hatten. Die Züchtungen von Perry D. Slocum sind ohne diese Vorarbeit von Kirk Strawn undenkbar.

Die neuen Seerosensorten von Kirk Strawn brachten vorher unbekannte Farben und Formen mit. Seine Seerosen waren die ersten in Apricot- und Pfirsichtönen, Fuchsienrot, Terracotta und vielem mehr. Viele seiner Sorten heben die Blüten weit über die Wasseroberfläche, so wie es sonst nur tropische Seerosen tun. Fast alle haben einen betörenden Duft, und alle sind ausgezeichnete Blüher. Nicht zuletzt achtete er auf die Größe der Blüten. Bei vielen seiner Sorten sind die Blüten so groß wie die Schwimmblätter. 

Was als Hobby begann wurde für Kirk Strawn nach seiner Pensionierung zum zweiten Beruf. Über zehn Jahre lang betrieb er seine Gärtnerei in College Station in Texas und verschickte von dort Seerosen in alle Welt. Als er sich endgültig zur Ruhe setzte, verkaufte er die Gärtnerei an seinen Mitarbeiter Dean McGee. 

Dean betrieb die Gärtnerei noch einige Jahre, aber dann kam die Katastrophe: das Gelände der Gärtnerei wurde zur Stadtentwicklung benötigt, die Gärtnerei erneut verkauft und geschlossen. Wo früher Seerosen wuchsen, stehen heute ein Pizza Hut und eine Tankstelle. Damit war der zentrale Punkt an dem die Sorten von Kirk Strawn bewahrt wurden verloren. Heute sind einige seiner Sorten bereits in Gefahr für immer verloren zu gehen. Nur ein Teil seiner Sorten wurde in die Sortimente anderer Gärtnereien übernommen und ein neues Problem entstand durch die Massenvermehrung einiger seiner Sorten in Asien. Da es sich nicht um sterile Sorten handelt, kann es in Vermehrungsteichen mit Strawn-Sorten immer wieder zu spontanen Sämlingen kommen, die dann natürlich nicht mit den Elternpflanzen identisch sind. In kleinen Zuchtanlagen kann man dies bemerken und die Sämlinge entfernen. In den riesigen Zuchtanlagen in Asien mit mehrere Hektar großen Teichen ist das ein Ding der Unmöglichkeit. Schon jetzt werden unter dem Namen von einigen seiner Sorten solche Sämlinge vermarktet. Wir bemühen uns alle 55 Sorten von Kirk Strawn in unserer Gärtnerei zu sammeln und zu bewahren. Bis auf wenige Sorten ist uns dies gelungen, nach einer handvoll Sorten (‚Barbara Davis’, ‚Louise Villemarette’ ‚Mary’, ‚Peace Lily’, ‚Reflected Flame’ und ‚Yogi Gi’) suchen wir noch.  


 

 

George H. Pring 


Mit ihm begegnen wir dem ersten bedeutenden Züchter tropischer Seerosen. Tropische Seerosen lassen sich wesentlich leichter kreuzen als winterharte Arten, daher gab es die erste Kreuzung bereits Mitte des 19. Jahrhunderts in England. Allerdings dürfte sie das Zufallsprodukt einer fleißigen Biene gewesen sein, und das Resultat war eine Hybride, die auch in der freien Natur dort zu finden ist, wo beide Elternarten gemeinsam vorkommen. 

George H. Pring wurde 1885 in Großbritannien geboren, verbrachte aber den Großteil seines Lebens in den USA. Dreiundsechzig Jahre lang (!) war er am Botanischen Garten von Missouri angestellt, davon die meiste Zeit als Leiter der Gärten. Eigentlich hätte seine berufliche Laufbahn vollkommen anders aussehen sollen, denn als Sohn eines Bauunternehmers sollte er eigentlich Architekt werden. Da es dazu aber zunächst keine Möglichkeit gab, nahm er eine Lehrstelle als Gärtner in Kew Gardens in London an. Sein Vater war einverstanden und meinte nur: ‚einen Architekten können wir aus dir auch noch später machen’. Pring erwies sich aber als hochbegabter Gärtner der alle Bereiche des botanischen Gartens kennen lernte und trotz seines zu niedrigen Alters zu einem Fortbildungskurs für Fortgeschrittene Gärtner zugelassen wurde. Er bestand ihn mit Bravour, als der mit Abstand jüngste Absolvent in der Geschichte von Kew Gardens. Nach dem Ende seiner Ausbildung boten sich ihm zwei Möglichkeiten in Botanischen Gärten zu arbeiten, in Kalkutta oder in St. Louis in Missouri. Pring entschied sich für St. Louis und weder er noch sein neuer Arbeitgeber haben diese Entscheidung je bereut. Pring arbeitete zunächst in der Orchideensammlung und gestaltete sie nach dem Vorbild von Kew Gardens um. Aus einer kleinen Sammlung von nicht einmal 300 verschiedenen Arten wurde durch ihn eine der artenreichsten Orchideensammlungen der Welt. Sehr bald begann er auch sich mit tropischen Seerosen zu befassen und führte gezielte Kreuzungen durch. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts brachte er über viele Jahre hinweg immer wieder neue Sorten von tropischen Seerosen auf den Markt, die bis heute in den USA zu den Standardsorten gehören. Beispiele dafür sind ‚Director George T. Moore’ und ‚St. Louis Gold’. Einige Zeit arbeitete er bei der Zucht auch mit August Koch, dem Direktor der Parks von Chicago, zusammen. Zu ihren gemeinsamen Sorten gehört ‚August Koch’.



 

Craig Presnell 


Mit Craig Presnell verbindet uns eine über zehn Jahre lange Freundschaft, vermittelt wurde sie über Kit Knotts von Victoria-Adventure. Als wir den ersten Kontakt mit Craig

 bekamen, war er noch Kits Nachbar in Cocoa Beach in Florida und betrieb dort eine kleine Seerosengärtnerei. Zum Seerosenzüchten kam er eher zufällig. Craig studierte Biologie und Botanik und arbeitete einige Jahre für einen Reptilienimporteur in Kalifornien. Dort fühlten sich aber weder er noch seine Frau Darcy richtig wohl, und sie beschlossen an die Ostküste zurückzukehren. In Cocoa Beach stand eine Wassergärtnerei zum Verkauf, und da die Verkäuferin sagte: ‚Wenn Sie normale Pflanzen vermehren können, dann können Sie auch Wasserpflanzen vermehren’ entschlossen sie sich die Gärtnerei auch ohne Vorkenntnisse zu kaufen. Das war 1989 und Gartenteiche waren in den USA noch etwas sehr ausgefallenes. Die Gärtnerei produzierte deswegen überwiegend Pflanzen für Aquarien und Terrarien. Zum Grundbestand gehörten allerdings auch einige tropische Seerosen. Craig versuchte sie vergeblich aus Samen zu vermehren, aber das klappte nicht. In Büchern fand er auch keine Anleitung wie man das richtig macht, und das weckte seinen Ehrgeiz. 
Mit Versuch und Irrtum hatte er schließlich die für ihn richtige Methode gefunden und konnte nun tropische Seerosen über Samen vermehren. Da das funktionierte, fragte er sich, ob er nicht auch gezielt Kreuzungen durchführen konnte, und siehe da: er konnte. Er konnte es sogar sehr gut und hat ein Händchen dafür atemberaubende Neuheiten zu schaffen. Im Allgemeinen sind seine Sorten kleiner als die alten Sorten und daher für kleine Privatgärten besser geeignet. Bei den Blüten ist sein Zuchtziel eine gefüllte Blüte in Pastellfarben, die Blättern sollen  attraktiv marmoriert sein, da man die Blätter über eine längere Zeit sieht als die Blüten. Seit 2001 prasselt ein nicht end

en wollender Segen an Auszeichnungen und Medaillen für seine Neuzüchtungen über Craig herein:

2001 für ‚Serendipity’

2002 für ‚Midnight Serenade’

2004 für ‚Foxfire’

2006 für ‚Avalanche’ und ‚Pink Flamingo’

und das sind nur die ersten Plätze, die Silber- und Bronzemedaillen sind gar nicht aufgeführt. 2005 zog die Gärtnerei in den Norden Floridas um auf ein größeres Gelände. Der Umzug brachte eine Unterbrechung im Züchtungsprogramm, aber ab 2011 kann sich Craig wieder an Wettbewerben beteiligen. Durch unseren guten Kontakt zu Craig Presnell sind wir in der Regel die erste Gärtnerei in Europa, die seine neuen Sorten anbieten kann.

 


 

Charles Winch

Ums Haar wäre es um die Seerosen von Charles Winch geschehen gewesen: als Witwer beschloss er testamentarisch zu verfügen, dass nach seinem Tod alle seine Seerosen zu vernichten seien.  Dass es anders kam verdankt die Welt seinen Töchtern Noelene und Margaret.

Charles Winch wurde 1918 in Australien geboren und wuchs auf einer Hühnerfarm am Stadtrand von Sidney auf. Mit zehn Jahren bekam er seine erste Seerose und so ganz nebenbei verwandelte er den gesamten Hinterhof der Hühnerfarm in eine Landschaft aus Seerosenbecken. Bilder von damals zeigen, dass es dort bis auf schmale Wege zwischen den Becken praktisch keinen Fleck trockenen Bodens mehr gab. Nach den Seerosen fanden weitere Wasserpflanzen, Goldfische und einige tropische Seerosen


 dort eine Heimat. Diese Idylle wurde durch den zweiten Weltkrieg unterbrochen. In Australien bestand allgemeine Wehrpflicht und als Bündnispartner Großbritanniens war bereits 1939 der Kriegsfall gegeben – Charles Winch wurde einberufen, seine Eltern kümmerten sich um Pflanzen und Fische.

Nach dem Krieg entschied sich Charles Winch dazu sein Hobby zum Beruf zu machen und Goldfische, Seerosen und Wasserpflanzen für Wiederverkäufer zu produzieren. Daheim vermehrten sich die Becken und Charles fuhr die Ware im Lieferwagen in Sidney und Umgebung aus. Seine Töchter können sich noch heute lebhaft erinnern was das zu einer Zeit bedeutete, als es noch nicht einmal Plastikfolie gab um die Wannen im Auto abzudecken. Einmal abrupt bremsen müssen, und im Lieferwagen waren alle nass. Ein großer Erfolg waren vor allem die Goldfische, denn Charles Winch konnte sie in bisher ungekannter Farbpracht und Qualität liefern. Auf Initiative seiner Frau importierte er 1953 als einer der ersten Australier moderne tropische Seerosensorten aus den USA. Es waren insgesamt zwölf Sorten, und sie wurden später die Basis für seine züchterische Arbeit. Noch ging aber die tägliche Arbeit vor, und das hieß Pflanzen vermehren, nicht Pflanzen züchten.

1978 ging Charles Winch in Rente und beschloss seine ihm noch verbleibende Zeit für die Züchtung neuer tropischer Seerosensorten zu werden.  Natürlich hatte er schon vorher nebenher Seerosen gekreuzt und auch einige neue Sorten benannt, aber eben nur nebenher und im ganz kleinen Maßstab. Jetzt folgte das große Züchtungsprogramm, über sechshundert neue Kreuzungen wuchsen in seinen Becken im Lauf der Jahre auf, zweihundert davon befand er als gut genug um ihnen Namen zu verleihen. Seine Sorten haben mehr Blütenblätter als frühere, und sie erweiterten das Farbspektrum der tropischen Seerosen ganz erheblich. Vor allem sind viele seiner Farben aber auch wesentlich intensiver. Selbst ein echtes Orange ist bei seinen Seerosen zu finden. Einige wenige seiner Sorten fanden den Weg in die USA, Seerosenzüchter gingen bei ihm ein und aus, er engagierte sich als Gründungsmitglied der Internationalen Wassergärtner Gesellschaft IWGS, aber der große Erfolg und die Anerkennung blieben aus. Es bestand die reale Gefahr, dass sein Lebenswerk ihm ins Grab folgen würde. Seine Töchter überzeugten ihn aber 2005 beim Wettbewerb der IWGS um die Seerose des Jahres teilzunehmen und einige seiner Sorten zur Bewertung in die USA zu schicken. Die Teilnahme wurde ein voller Erfolg, seine Sorte ‚Blue Aster’ wurde zur besten neuen Seerose gewählt und er wurde auch noch in die Ruhmeshalle der IWGS als einer der bedeutendsten Züchter aufgenommen. Damit nicht genug wurde im Botanischen Garten in New Orleans eine Dauerausstellung seiner Seerosen unter dem Titel ‚Winch Collection’ eingerichtet. Die Ehrung kam gerade noch rechtzeitig, denn schon ein Jahr später im Herbst 2006 ist Charles Winch gestorben. Gerade noch mal gut gegangen, oder? Vielleicht auch ein Mahnung an uns alle es deutlich zu zeigen wenn wir die Leistung eines Menschen zu würdigen wissen.



 

 


Dieter Bechthold 

Er lebt und arbeitet in Wuppertal und widmet seit 1998 seine Freizeit der Züchtung neuer Seerosensorten. Niemand in Deutschland ist bei der Züchtung ähnlich talentiert und erfolgreich wie er. Dabei begann die ganze Geschichte eher zufällig mit einer Seerosensorte die eigentlich gar nicht fortpflanzungsfähig sein sollte. Dieter ging damals noch davon aus, dass alle Seerosenhybriden steril wären (wie es die Marliac-Sorten durchwegs sind) und berichtete seine Entdeckung anderen Seerosenfreunden. Dort erfuhr er von den neuen Amerikanischen Seerosensorten und begann nun gezielt zu züchten. Große Aufmerksamkeit erregte er 2003 vor allem mit seiner Sorte ‚Potzblitz’, deren Blüten unglaublich lange geöffnet sind. Seit dieser Zeit haben wir die ersten Sorten von ihm in unserer Sammlung und vermehren sie hier. Es geht sehr langsam, denn es sich durchwegs langsam wachsende Sorten – gut für den Gartenteich, denn man muss nicht ständig die Seerose auslichten, aber der Wassergärtner braucht viele Jahre Geduld bis er zum ersten Mal Nachwuchs dieser Sorten verkaufen kann. 2011 können wir mit dem Verkauf der ersten Sorten beginnen. 

 

 

Das Genie des 21. Jahrhunderts 

Es muss erst noch gefunden werden, aber vielleicht haben ja Sie Ambitionen auf diesen Titel? Deswegen erklären wir kurz, wie man Seerosen kreuzt. 

Jede einzelne Seerosenblüte ist genau drei Tage geöffnet. Am ersten Tag befindet sich in der Mitte der Blüte eine kleine Flüssigkeitsansammlung. Es ist Nektar, der Bienen anlocken soll, denn unter der Flüssigkeit ist die Narbe der Blüte. An diesem Tag ist der Blütenstaub der Blüte noch nicht reif, die Blüte ist rein weiblich. So wird verhindert, dass sich die Blüte selbst bestäubt. Am zweiten Tag ist von der Flüssigkeit nichts mehr zu sehen, dafür ist jetzt der Blütenstaub reif (er bleibt es auch am dritten Tag), die Blüte ist jetzt rein männlich. Beim Kreuzen nehmen Sie mit einem feinen Pinsel Blütenstaub von einer Zweit- oder Dritttagsblüte, und tauchen diesen Blütenstaub in den Nektar einer Ersttagsblüte. Das war’s schon. Hat die Befruchtung stattgefunden, beginnt die Blüte zu verwelken und taucht nach einigen Tagen unter. Damit der Samen nicht verloren geht, müssen Sie ein Stoffsäckchen über die befruchtete Blüte binden. Wenn die reife Frucht aufplatzt, ist der Samen so sicher in dem Stoffsäcken gefangen.

Der Samen von tropischen Seerosen darf austrocknen, der von winterharten Arten dagegen nicht. Den Samen von winterharten Arten kann man aber in einem Glas Wasser im Kühlschrank aufbewahren. Ausgesät wird am Besten im Frühjahr. Die Aussaaterde soll lehmig und ungedüngt sein. Das ideale Aussaatgefäß ist flach. Stellen Sie es in ein größeres wasserdichtes Gefäß, so dass etwa zwei Zentimeter Wasser über der Aussaat steht. Aufgestellt wird das Ganze an einem sonnigen Ort bei mindestens 18° C. Sobald die jungen Pflänzchen groß genug sind, werden sie pikiert und bei einer Wassertiefe von acht Zentimetern weitergepflegt. Nach zwei Jahren können sie in den Teich gepflanzt werden, und dann kommt die große Überraschung... Tropische Seerosen werden genauso behandelt, nur muss bei ihnen die Mindesttemperatur 24° C sein. 

Falls Sie etwas Geniales erzüchten sollten, schicken Sie uns ein Foto! 

 

 

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